Dunkel Dreckig

Reudnitz

Der etwas andere Stadtteilblog.

Entschuldigen Sie, ist das der Sonderbus nach Pankow?

Es ist früh, es ist kalt, es ist nass. Trotzdem bin ich schon wieder auf dem Weg nach Gohlis. Vor meiner alten Schule wartet der Bus und ein Kamerateam des MDR.



Nun sitze ich hier also im Bus "für diejenigen, die nicht alles glauben was man sagt und es mal mit eigenen Augen sehen wollen". Mit diesem Satz kann ich nicht sonderlich viel anfangen. Sind die 4000 Zeichner der Petition "Leipzig sagt Ja!" zu leichtgläubig, wenn sie ohne Busfahrt zu einer Entscheidung gekommen sind?

Auch von den Zeichnern der BI Gohlis ist weit und breit nichts zu sehen. Ich hätte mich sehr über ein Gespräch mit Frau Viola Hartung gefreut, wurde aber wie immer enttäuscht. Einen Platz im Bus hätte sie auf jeden Fall gefunden, denn 10 blieben leider leer. Die restlichen Plätze verteilten sich auf Mitarbeiter des Magistralenmanagements, Mitglieder der Michaelisgemeinde, des Bürgervereins und diverse Lokalpolitiker. Vor allem waren Pressevertreter an Bord. Der MDR schickte ein Kamerateam von 3 Mann und die Bild lies zwei Leute mit dem Auto nach Berlin fahren (um einen Artikel mit 5 Sätzen schreiben zu lassen. Den Printmedien geht es offensichtlich noch viel zu gut). MDR Info, Deutschlandradio und L-IZ hatten jeweils einen Reporter an Bord. Die LVZ hatte eine Reporterin aus Berlin am Start. Bei Martin von ProMoschee findet ihr übrigens den Pressespiegel zur Fahrt. 4 bis 5 Leute waren aber vermutlich ohne jeglichen Organisationsbackround an Bord.

Vom MDR, welcher während der Fahrt durch die Reihen ging um die Teilnehmer nach ihren Erwartungen zu befragen, wurde ich gefragt warum wohl keine Gegner des Moscheebaus an Bord seien. Ich reagierte etwas irritiert das nicht mal sie Gegner gefunden haben. Wahrscheinlich passt eine Informationsfahrt einfach nicht ins Konzept, wenn man lieber frei von störenden Fakten gegen Minderheiten pöbeln will.

Hätte man uns nicht gesagt wo die Moschee steht, hätten wir sie zwischen Kentucky Fried Chicken und einer Tankstelle wohl kaum erspäht. Dabei ist diese Moschee deutlich größer als die in Leipzig geplante. Ein "Symbol der Landnahme des Islam" stelle ich mir anders vor.

Der Besuch der Moschee war, bis auf das wirklich leckere Essen, recht unspektakulär. Es ist ein wirklich sehr einfacher Bau (um das Wort langweilig nicht zu benutzen). Das wirkliche Highlight der Reise sollte die Podiumsdiskussion in der Schule am Wasserturm werden. Der Fußmarsch dorthin führte uns an der Festung eines Motorrad Clubs vorbei, welcher ohne Proteste errichtet wurde. Ob das nun daran lag, dass die Rocker zu einem Tag der offenen Tür mit Bockwurst luden, oder weil Protest gegen diese Leute tatsächlich gefährlich werde könnte, möchte ich an dieser Stelle nicht eruieren.

In der Schule kamen wir zum ersten mal mit Moscheebaugegnern in Berührung. Damit habe ich tatsächlich nicht gerechnet. Ich dachte es wird eine Kuschelfahrt bei der uns erzählt wird wie toll alles 5 Jahre nach dem Bau der Moschee ist. Die Gespräche in der Moschee (und auch das Gespräch mit Pfarrerin Misselwitz danach) gingen auch in genau diese Richtung. In der Schule konnte man nun hinter den Vorhang schauen. Auf der Bühne erzählten die Direktorin der Schule und ein Mitglied der nicht mehr existenten Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger IPAHB ihre Sicht der Dinge. Auch wenn man sich in Pankow auf die Formulierung "es sind Narben geblieben" geeinigt zu haben scheint, wird hier deutlich das es sich eher um eine offene Wunde handelt. Die Emotionen kochen immer noch hoch. Neue Argumente haben wir dabei aber immer noch nicht gehört. Im Gegenteil, es kommt einem alles ziemlich bekannt vor. Auch hier sprechen die Gegner von "angeblichen Anschlägen" und das man "in die rechte Ecke gedrängt wird". Was beide Seiten immer wieder positiv hervorheben: es ist ein neues Gemeinschaftsgefühl entstanden. Das es sich wohl eher um zwei Gemeinschaften handelt wurde unterschlagen. Noch eine Formulierung ist mir immer wieder aufgefallen. Wenn die Pankower von den Ereignissen vor 5 Jahren sprechen, bezeichnen sie es immer wieder als Kampf. Hoffen wir das es in Gohlis nicht dazu kommt.

Da wir während unserer Reise eine Verspätung von einer Stunde vor uns her schoben, standen wir am Rathaus Pankow vor verschlossenen Türen. Unser Gespräch mit der Pfarrerin Misselwitz fand deshalb im beheizten Bus statt, was den Vorteil hatte, das wir pünktlich abfahren konnten.

Eine kurze Auswertung im Bus, machte noch einmal deutlich, dass ein Einstehen für Religionsfreiheit, nicht gleichzeitig bedeutet, bestimmten Religionsgemeinschaften unkritisch gegenüber zu stehen.
Ein schönes Fazit, wie ich finde.



[Anscheinend gibt es noch ein paar Probleme mit den Fotos, mit Glück lässt sich das noch beheben.]


Share this:

ABOUTME

Hi, ich bin Martin von Dunkel. Dreckig. Reudnitz. Seit ein paar Jahren lebe ich schon in diesem ganz besonderen Stadtteil. Warum also nicht darüber schreiben?

Dein Kommentar

    Blogger Comment

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen